Gut zu wissen: Fakten zur Reanimation in Deutschland

20. September 2016 ►

In der "Woche der Wiederbelebung" werden wir als Experten häufig zu Fakten rund um das Thema Reanimation befragt: Da ist es gut, sein Fakten-Wissen kurz aufzufrischen:

• Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2014 wird der Herz-Kreislauf-Stillstand in Deutschland am häufigsten durch eine Herzerkrankung verursacht. Als Ursache dafür werden Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, akuter Herzinfarkt und Herzschwäche genannt [1]. Damit ist der Herz-Kreislauf-Stillstand mit weitem Abstand die häufigste Todesursache in Deutschland.

• Definition: Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommt es aus unterschiedlichsten Gründen (z.B. Herzinfarkt oder Lungenarterienembolie) zu einem Stopp der Pumpfunktion des Herzens und der Blutkreislauf kommt zum Stillstand. Lebenswichtige Organe, wie z.B. das Gehirn, werden nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und sterben ab.

• Nach aktuellen Zahlen des Deutschen Reanimationsregisters erleiden in Deutschland auf 100.000 Einwohner jedes Jahr rund 30 bis 90 Menschen außerhalb eines Krankenhauses einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Das sind mindestens 50.000 Menschen pro Jahr. [2] Nur 10 Prozent der Betroffenen überleben. [3] Wenn mehr Menschen unverzüglich Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten würden, könnten sich die Überlebenschancen der Patientinnen und Patienten verdoppeln bis verdreifachen [4].

• In den letzten Jahren haben immer mehr Laien bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand reanimiert. Dennoch greifen immer noch zu wenige Menschen im Notfall ein. Im Jahr 2015 wurde nur bei knapp 34 Prozent aller Herz-Kreislauf-Stillstände eine Reanimation durch Laien begonnen (2014: 31 Prozent; 2013: 28 Prozent; 2012: 20 Prozent; 2011: 18 Prozent; 2010: 14 Prozent) [2].

• 60 Prozent der Herz-Kreislauf-Stillstände treten zu Hause auf [4]. Bis zu 45 Prozent aller Herz-Kreislauf-Stillstände werden von Familienangehörigen, Freunden oder anderen Personen beobachtet. [5]

• Wenn Passanten oder Angehörige im Ernstfall sofort mit einer Herzdruckmassage beginnen würden, könnten jedes Jahr in Deutschland 10.000 Leben[6], in Europa geschätzt mehr als 100.000 Leben zusätzlich gerettet werden.[7]

• Nahezu 40 Prozent der Patientinnen und Patienten, die reanimiert werden, sind im erwerbsfähigen Alter. [9]

• Drei von vier Personen, die die ersten 30 Tage nach einer Reanimation überlebt haben, können wieder arbeiten. Im Durchschnitt ist dies fünf Monate nach einer Wiederbelebung möglich. [10]

• In 3/4 der Fälle ist eine Herzerkrankung die Ursache eines Herz-Kreislauf-Stillstandes, wenn dieser außerhalb einer Klinik eintritt. Am häufigsten liegt eine Erkrankung der Herzkranzgefäße vor (sog. koronare Herzkrankheit). [9]

• Das Gehirn beginnt bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand bereits nach nur 3-5 Minuten ohne Blutfluss unwiederbringlich zu sterben [11]. Das ist ein wichtiges Zeitfenster, in dem der Laienhelfer mit einer sofortigen Herzdruckmassage Leben retten kann. Denn bis der Rettungsdienst eintrifft, vergehen im Durchschnitt acht Minuten oder länger. [12]

• 25 Prozent der Patientinnen und Patienten haben einen durch einen Elektroschock therapierbaren (defibrillierbaren) Rhythmus. Nur in diesen Fällen ist eine Therapie des Herz-Kreislauf-Stillstands durch zusätzlichen Elektroschock (Defibrillation) möglich und auch sinnvoll. [9]

• Immer mehr Menschen in Europa beginnen im Notfall eine Herzdruckmassage. In Deutschland konnte sich die sogenannte Laienreanimationsquote von 18 Prozent im Jahr 2011 auf nahezu 34 Prozent im Jahr 2015 steigern [13]. In anderen Ländern, z.B. den Niederlanden, werden schon jetzt Quoten von ca. 70 Prozent erreicht. [14]

• Am Beispiel Dänemark zeigt sich, dass die Laienreanimationsquote durch nationale Initiativen, wie die Einführung von Wiederbelebungsmaßnahmen im Schulunterricht und einer breit angelegten Informationskampagne, von 20 Prozent im Jahr 2000 auf über 45 Prozent bis 2010 gesteigert werden konnte. Die Überlebensrate der von Herz-Kreislauf-Stillstand betroffenen Menschen wurde in Dänemark in diesem Zeitraum – auch durch eine Verbesserung der Ausbildung der professionellen Rettungskräfte – verdreifacht. [15]

Literaturangaben:

[1] Statistisches Bundesamt. Zitiert am 29.08.2016. URL: https://www.destatis.de/…/…/Todesursachen/Todesursachen.html

[2] Deutsches Reanimationsregister. Zitiert am 08.08.2016. URL: www.reanimationsregister.de

[3] Gräsner JT et al., Optimierung der Reanimationsversorgung in Deutschland. Notfall Rettungsmed (2014), 17, 314–316

[4] Böttiger BW, Grabner C, Bauer H, et al. Long term outcome after out-of-hospital cardiac arrest with physician staffed emergency medical services: the Utstein style applied to a midsized urban/suburban area. Heart (1999),82:674–9

[5] Weisfeldt ML, Everson-Stewart S, Sitlani C, et al. Ventricular tachyarrhythmias after cardiac arrest in public versus at home. The N Eng J Med (2011),364:313-21

[6] Gräsner JT, Werner C, Geldner G, Böttiger BW. 10 Thesen für 10.000 Leben. Bad Boller Reanimationsgespräche 2014. NotfallRettungsmed (2014), 17:313-313

[7] Böttiger BW. “A Time to Act” – Anaesthesiologists in resuscitation help save 200,000 lives per year worldwide: school children, lay resuscitation, telephone-CPR, IOM and more. Eur J Anaesthesiol (2015) ,32: 825– 7
[8] Ein Leben retten. 100 pro Reanimation. Eine Initiative von DGAI, BDA, GRC und Stiftung Deutsche Anästhesiologie. Zitiert am 08.09.2016. URL: https://www.einlebenretten.de

[9] Fischer M et al., Deutsches Reanimationsregister der DGAI. NotfallRettungsmed (2013), 16, 251-259 sowie aktueller Jahresbericht 2015 des Deutschen Reanimationsregisters.

[10] Kragholm K et al. Return to work in out-of-hospital cardiac Arrest Survivors. A nationwide register-bases follow-up study. Circulation (2015),131:1682-1690.

[11] Breckwoldt J, Schloesser S, Arntz HR. Perceptions of collapse and assessment of cardiac arrest by bystanders of out-of-hospital cardiac arrest (OOHCA). Resuscitation (2009), 80:1108–13.

[12] Weisfeldt ML, Sitlani CM, Ornato JP, et al. Survival after application of automatic external defibrillators before arrival of the emergency medical system: evaluation in the resuscitation outcomes consortium population of 21 million. J Am Coll Cardiol (2010),55:1713-20

[13] Gräsner JT et al., EuReCa ONE- 27 Nations, ONE Europe, ONE Registry. A prospective one month analysis of out-of-hospital cardiac arrest outcomes in 27 countries in Europe. Resuscitation (2016), 105, 188-195
[14] Gräsner et. al., Best Practice & Research Clinical Anaesthesiology (2013),27, 293

[15] Wissenberg M et al., Association of National Initiatives to Improve Cardiac Arrest Management With Rates of Bystander Intervention and Patient Survival After Out-of-Hospital Cardiac Arrest. JAMA. (2013),310(13):1377-1384

Zusammengestellt vom Aktionsbündnis Wiederbelebung.