Fall des Monats April 2013

Alarmierungsmeldung um 17:00 Uhr:

Nachforderung als 2.NEF bei VU mit eingeklemmten Personen                                               

Situation vor Ort :
Kollision eines Kleinbusses mit 4 Insassen mit einem entgegenkommenden PKW mit 2 Insassen. Der Kleinbus hat sich überschlagen mit Deformierung der Fahrgastzelle. Der Fahrer des Kleinlasters erlitt ein massives Polytrauma einschließlich eines schweren Schädel-Hirntraumas , so dass vom ersteintreffendem Rettungsteam noch der Tod festgestellt werden konnte. Die 3 eingeklemmten Insassen konnten in der Zwischenzeit aber durch die Feuerwehr über eine herausgebrochene Seitentür befreit werden. Die Beifahrerin des PKW’s konnte ebenfalls von der Feuerwehr befreit werden. Der Fahrer des PKW’s ist im Beinbereich bei massiver Deformierung des Armaturen und des Pedalraums eingeklemmt.

Bei Eintreffen am Unfallort wird die nachalarmierte NEF-Besatzung vom Fahrer des erstsichtenden Rettungsteams eingewiesen. Der NEF-Fahrer informiert die nachrückende NEF-Besatzung , dass 3 RTW’s bereits vorort seien und 2 weitere RTW’s  nachgefordert worden seien. Der erstsichtende Notarzt habe nach seiner ersten Lagesichtung  lediglich  1 weiteres NEF nachgefordert, da die Insassen des Kleinbusses wohl nur leicht verletzt seien und von den Rettungsassistenten der RTW’s, die meist über PHTLS-Erfahrung verfügen würden, ausreichend erstversorgt und transportiert werden könnten. Die Alarmierung des LNA / ORGL sei nach Ansicht des erstsichtenden Notarztes in der aktuellen Situation nicht erforderlich. Der nachrückende Notarzt wird nun angewiesen, die befreite PKW-Beifahrerin des PKW’s zu versorgen, die nach orientierender Erstuntersuchung ein Thoraxtrauma und Frakturen der unteren Extremität erlitten habe. Der erstsichtende Notarzt kümmert sich zeitgleich um den eingeklemmten PKW-Fahrer, der zunehmend eintrübt. Der nachrückende Notarzt kommt an dem Kleinbus vorbei und kann im Vorbeigehen 2 verletzte ältere Personen mit Blutungszonen im behaarten Kopfbereich und deutlichen Schwellungen im Gesichtsschädelbereich erkennen, die gerade auf Spine-Boards gelagert werden. Eine weitere Insassin des Kleinbusses, eine  jüngere Frau liegt regungslos, mit angezogenen Beinen und eher blassem Hautkolorit seitlich auf dem Grünstreifen der Böschung.

Weiteres Procedere ?

Dr. Gerrit Müntefering

Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie/Notfallmedizin

Lessingstraße 26

47445 Moers

2 thoughts on “Fall des Monats April 2013

  1. Gerrit Müntefering schreibt: Der nachrückende Notarzt nimmt aufgrund der – seiner Ansicht nach – nicht auszuschließenden gravierenderen Verletzungen der 3 weiteren verletzten Fahrzeuginsassen Kontakt mit dem ersteintreffenden Notarzt auf zwecks Klärung der Nachforderung des LNA und weiterer Notärzte. Hier prallen dann aber leider 2 komplett unterschiedliche Lagebewertungen aufeinander. Aufgrund des dringlichen Handlungsbedarfs und des doch eher gravierenden Verletzungsmusters der Betroffenen setzt der nachrückende Notarzt die ansonsten übliche Entscheidungspriorität des erstsichtenden Kollegen außer Kraft und fordert weitere Ärzte nach. Daraufhin kommt es im späteren Fall-Review – wie zu erwarten war – zur offiziellen und massiven Beschwerde des übergangenen erstsichtenden Notarztes. Der weitere Behandlungsverlauf der hier betroffenen 3 Fahrzeuginsassen gibt dem zweiteintreffeden Notarzt als Querulanten allerdings Recht. Die beiden älteren PKW-Insassen mit Gesichtsverletzungen mussten aufgrund einer schwerwiegenden Gesichtschädel- und Schädelbasisfrakturen in einem Krankenhaus der Maximalversorgung operativ weiterversorgt werden. Die 3. verletzte PKW-Insassin konnte wegen eine stumpfen Oberbauchtraumas mit Milzruptur erfreulicherweise gerade noch rechtzeitig notfallmäßig laparatomiert werden. Fazit:: Lagesichtung und Priorisierung bei MANV-Ereignissen können daher nicht oft genug trainiert werden

  2. Kontaktaufnahme mit dem ärztlichen Kollegen, um weiteres Vorgehen abzustimmen. Falls immer noch keine Nachforderung seitens des Kollegens erwünscht, Rücksprache mit der Leitstelle oder dem ärztlichen Leiter Rettungsdienst/dem diensthabenden leitenden Notarzt in Erwägung ziehen.

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