Stellungnahme des Deutschen Rates für
Wiederbelebung / German Resuscitation Council (GRC)
zur Durchführung von Wiederbelebungsmaßnahmen
im Umfeld der COVID-19-Pandemie
Die COVID-19-Pandemie hat in den vergangenen Wochen zu erheblichen Veränderungen in allen Lebensbereichen geführt. Besonders betroffen ist hierbei das gesamte Gesundheitswesen, welches sich sehr schnell an die akut veränderten Anforderungen anpassen musste.
Ungeachtet der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie ist es jedoch wichtig, die hochwertige medizinische Versorgung der Bevölkerung in allen Bereichen aufrechtzuerhalten. Beispiele hierfür sind die Versorgung von Tumorerkrankungen, Traumafolgen oder Herz-Kreislauferkrankungen, die jeweils einer raschen Diagnostik und Therapie bedürfen.
Das Umfeld der kardiopulmonalen Reanimation ist in diesem Zusammenhang besonders herausfordernd: Einerseits erfordert der akute Herz-Kreislaufstillstand mit den BLS- bzw. ALS-Maßnahmen eine unmittelbar zu beginnende Therapiemaßnahme, gleichzeitig muss jedoch ein maximaler Schutz der hilfeleistenden Laien oder des medizinischen Fachpersonals in der gegebenen COVID-19-Situation sichergestellt werden. Der Vorstand des GRC hat diese Fragen daher ausführlich diskutiert und empfiehlt in Anlehnung an die detaillierte aktuelle Stellungnahme des International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) (siehe unter https://costr.ilcor.org/document/covid-19-infection-risk-to-rescuers-from-patients-in-cardiac-arrest) folgendes Vorgehen bei kardiopulmonaler Reanimation:
• Bei der Durchführung einer kardiopulmonalen Reanimation können Aerosole entstehen, die über die Atemwege des Betroffenen freigesetzt werden und den Helfer gefährden können. Infizierte Aerosole können auch bei der Atemkontrolle freigesetzt werden. Daher soll sich diese auf das Überstrecken des Nackens mit Anheben des Kinns und die Beobachtung etwaiger Brustkorbbewegungen beschränken. Im Gegensatz zu den bisherigen Lehraussagen soll sich der Helfer derzeit nicht dem Gesicht des Betroffenen nähern, um ggf. Atemgeräusche zu hören oder einen Luftzug zu spüren. Wenn keine Brustkorbbewegungen erkennbar sind, ist davon auszugehen, dass der Betroffene nicht atmet.
• Fehlt die Reaktion auf Ansprache bzw. Berührung und ist keine Atembewegung sichtbar (PRÜFEN) ist sofort der Rettungsdienst zu alarmieren (RUFEN) und unverzüglich mit der Herzdruckmassage bzw. der kardiopulmonalen Reanimation zu beginnen (DRÜCKEN). Die Wiederbelebungsmaßnahmen durch Laien und Ersthelfer sollen sich bei unbekannten
Hilfsbedürftigen auf die Herzdruckmassage und den Einsatz von öffentlich zugänglichen Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED) beschränken. Auf die Atemspende soll in diesen Fällen verzichtet werden. Das Gesicht des Betroffenen kann zusätzlich durch ein Tuch oder Kleidungsstück bedeckt werden. U.a. bei Personen aus dem häuslichen Umfeld (z.B. Familienmitglieder) ist durch das bestehende enge Zusammenleben von einer geringeren Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen als bei Unbekannten im öffentlichen Raum. Die Durchführung einer Atemspende soll daher immer auch situationsbezogen abgewogen werden.
• Bei Kindern, die wiederbelebt werden müssen, spielt die Durchführung der Atemspende eine besondere Rolle, insbesondere wenn dem Atem-Kreislauf-Stillstand eine respiratorische Ursache zugrunde liegt. Die Entscheidung zur Durchführung einer Atemspende sollte im Bewusstsein des potentiellen Infektionsrisikos, das auch von asymptomatischen oder gering symptomatischen Kindern ausgeht, getroffen werden.
• Medizinisches Fachpersonal soll sich durch geeignete persönliche Schutzausrüstung entsprechend der nationalen und lokalen Vorgaben schützen, wenn Maßnahmen durchgeführt werden, bei denen Aerosole entstehen können.
• Medizinisches Fachpersonal soll im Sinne einer Nutzen-Risiko Abwägung die Durchführung von Defibrillationen erwägen, bevor ggf. Aerosol generierende Tätigkeiten durchgeführt werden, die durch das Anlegen einer geeigneten Schutzausrüstung möglicherweise verzögert werden könnten.