Fünf Sekunden – fünf Schritte

2. April 2014 ►

Verbessern Sie ab morgen ihre Reanimations-Qualität und retten sie mehr Patienten vor dem plötzlichen Herztod!
1. Was auch immer passiert: Es darf nicht länger dauern als fünf Sekunden: Zählen Sie mit!
2. Arbeiten Sie bei der Herzmassage wie das Boxenstop-Team eines Formel 1 Piloten!
3. Defibrillator laden, während weiter Thoraxkompressionen durchgeführt werden
4. Vorab-Sicherheits-Check des Teams vor der Defibrillation
5. Keine EKG-Kontrolle nach der Defibrillation: "Achtung Defibrillation – Kompression fortsetzen!"

Unterbrechungen der Thoraxkompression, die sogenannte "No-flow-time", verschlechtern nicht nur dramatisch den Defibrillationserfolg (1), sie führen auch dazu, dass weniger Patienten den Herz-Kreislauf-Stillstand überleben. Dies konnte in mehreren Studien eindrucksvoll gezeigt werden (2,3,4). Alle, die Reanimationen durchführen, müssen wissen, dass ununterbrochene bzw. möglichst nur für weniger als fünf Sekunden unterbrochene Thoraxkompression, einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg einer Wiederbelebung ist. In der Sekunde, in der die Kompression stoppt, beginnt der Blutfluss in Gehirn und Herzmuskel zusammenzubrechen. Nach fünf Sekunden Unterbrechung braucht man dutzende Herzmassagen, um das Ausgangsniveau der Perfusion wieder zu erreichen.

Hier sind fünf einfache Schritte (5), mit deren Hilfe Sie ab sofort Ihre Reanimations-Qualität verbessern können, los geht's :

1. Was auch immer passiert: Es darf nicht länger dauern als fünf Sekunden: Zählen Sie mit!
EKG-Analyse, Glottis-Passage bei der Intubation, Punktion an der Vena jugularis: Alles gut, alles wichtig. Aber: Die Thoraxkompression darf für keine Maßnahme länger als fünf Sekunden unterbrochen werden. Zählen Sie laut mit – sind Sie bei "fünf" , lassen Sie die Thoraxkompression fortsetzen. Alles was Sie tun, muss dazu dienen, die Durchblutung von Herz und Hirn aufrecht zu erhalten. Nichts kann wichtiger sein, als das.

2. Arbeiten Sie bei der Herzmassage wie das Boxenstop-Team eines Formel 1-Piloten
Tauschen Sie den Helfer, der Thoraxkompressionen durchführt, alle zwei Minuten aus. Gehen Sie in eine aktive Warteposition, bevor Sie die Thoraxkompression übernehmen. Knien Sie sich neben den komprimierenden Helfer und legen Sie ihre Hände bereits ohne Druck neben seine. Lassen Sie die Übernahme ansagen: "Übernahme bei drei, eins, zwei, drei, Übernahme" und übernehmen Sie sofort während Sie zur Seite rücken. Keine Pause: Optimal erhaltener Blutfluss. Sie werden es erleben, es klappt wunderbar.

3. Defibrillator laden, während weiter Thoraxkompressionen durchgeführt werden
Diese Methode wird in den Leitlinien 2010 empfohlen aber noch nicht gut genug umgesetzt. Einige weit verbreitete Defibrillatoren brauchen mehr als 8 Sekunden, um von null auf 360 Joule zu laden. Das sind mehr als fünf Sekunden, ist also inakzeptabel! Nutzen Sie diese Zeit konsequent für die Kompression aus. Noch schneller werden Sie, wenn Sie den Defibrillator noch vor der EKG-Analyse laden: Dann haben Sie den Strom, wenn Sie ihn brauchen und können sofort schocken.

4. Vorab-Sicherheits-Check des Teams vor der Defibrillation
Der Sicherheits-Check "Achtung Defibrillation, alle weg vom Patienten!" ist sinnvoll, kostet aber viel Zeit. Sie werden schneller, wenn Sie zunächst alle, außer dem Helfer, der die Thoraxkompression gerade durchführt, in die Sicherheitsposition gehen lassen: "Defibrillation wird vorbereitet, weg vom Patienten!". Wenn der Defibrillator bereit ist, dann dient das Kommando "Achtung Defibrillation!" nur noch als Kommando für den komprimierenden Helfer. Diese eine Person kann man bei der Auslösung des Schocks gut im Blick haben und die Kontaktlosigkeit sicherstellen. Resultat: Schnelligkeit und Sicherheit.

5. Keine EKG-Kontrolle nach der Defibrillation: "Achtung Defibrillation-Kompression fortsetzen!"
Auch eine Leitlinien-Forderung, deren Umsetzung verbesserungswürdig ist: Das EKG erst nach Abschluss den folgenden Reanimations-Zyklus prüfen, nicht direkt nach dem Schock. Die Sekunden, die Sie für einen unmittelbaren "EKG-Blick" nutzen, können Sie besser in die Perfusion investieren. Nutzen Sie außerdem lieber die Beobachtung von end-tidalem CO2 und Sauerstoffsättigung: Anstiege des CO2 und plötzliche Verbesserungen der Pletysmogafie-Kurve helfen Ihnen, einen zurückkehrenden Kreislauf zu erkennen. Stimmen Sie Ihr Team auf diese Vorgehensweise ein, indem Sie laut ansagen: "Achtung Defibrillation", den Schock auslösen und dabei das Kommando "Kompression fortsetzen!" geben. Dieses Vorgehen ist sicher und – richtig, es ist schnell!

Probieren Sie es aus oder, noch besser, üben Sie die Umsetzung im gemeinsamen Training mit Ihrem Team. Sie werden merken: Es klappt!
Wenn Sie das "Fünf Sekunden – fünf Schritte"-Konzept umsetzen, werden Sie mehr Menschen vor dem plötzlichen Herztod retten. Fangen Sie gleich morgen an!

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Für den Text verantwortlich:
Dr. Andreas Bohn, Münster (stv. Vorsitzender der AGNNW)

Referenzen:
1. Edelson D et al. Resuscitation. 2006; 71(2):137-45
2. Christenson J et al. Circulation. 2009; 120:1241-1247
3. Vaillancourt C et al. Resuscitation. 2011; 82(12):1501-7
4. Cheskes S.et al. Circulation. 2011;124:58-66
5. Kaiser C. http://www.lifeunderthelights.com/