Fall des Monats Juli 2015

Fehlende Kooperativität und Verweigerungshaltung unter Alkohol

3 Fälle

1. Fahrradsturz unter Alkohol

Notfallmeldung gegen 2 Uhr nachts :

Eingang der Notfallmeldung eines PKW-Fahrers in der örtlichen Rettungsleitstelle. Der Anrufer (PKW-Fahrer ) ist von einer weiblichen Person auf einer Landstraße angehalten worden. Die weibliche Person suchte um Hilfe, da ihr Partner mit dem Fahrrad gestürzt sei.

Situation vor Ort:

Unfallstelle ist ein wenig befahrene Landstraße mit Fahrradweg..

Ein 30-jähriger Mann wird auf einem Grasstück seitlich des Fahrradweges auf dem Rücken liegend aufgefunden. Das verwaschene Sprachbild des noch ansprechbaren Manns weisen auf einen stärkeren Alkoholgenuß hin.

3 Meter entfernt liegt ein im wesentlichen unbeschädigtes Fahrrad.

Unfallhergang laut Begleiterin:

Der Unfallverletzte ist nach vorangegangenem erheblichen Alkoholgenuss mit dem Fahrrad gegen einen seitlich des Radweges stehenden Laternenpfahl gefahren. Durch die Wucht des Anpralls ist er vom Radweg abgekommen und mit dem Vorderrad in einen Graben gefahren und hat sich anschließend mit dem Fahrrad überschlagen. Nach Angaben seiner Begleiterin ist er nach diesem Sturz sofort ansprechbar gewesen. Er habe sofort über stärkere Schmerzen im Nackenbereich geklagt. Schmerzbedingt konnte er sich anschließend nicht mehr aus der liegenden Position aufrichten.

Erstbefund :

Auf dem Rücken liegend wird ein ca. 30-jähriger Mann aufgefunden. Deutlicher Foetor alkoholicus feststellbar.  Er reagiert auf Ansprache von der Seite mit adäquater Blickwendung. Es ist eine erhebliche Bewegungsunruhe erkennbar. Befragt nach Schmerzen, kann der Verletzte die dominierenden Schmerzen im Hinterhauptsbereich des Schädels und im Nackenbereich lokalisieren. Dennoch versucht der agitierte Verletzte immer wieder, den Oberkörper aufzurichten bzw. den Kopf anzuheben. Die Kopfvorneige-Bewegung ist dabei schmerzbedingt nur ansatzweise ausführbar. Es ist auffällig, dass der Verletzte dabei die obere Halsregion durch seine im Nackenbereich zusammengeführten Hände zu stabilisieren versucht. Mit deutlicher Schmerzäußerung lässt er dann den Kopf sofort wieder zu Boden sinken.

Der Verletzte wird sofort eindringlich aufgefordert, ruhig liegen zu bleiben. Alkoholbedingt ist die Compliance jedoch schlecht, so dass die Rettungsassistenten

Erstmaßnahmen :

Die Rettungsassistenten versuchen mit erheblicher Anstrengung, weitere Bewegungen des Kopfes bzw. des Nackens des alkoholisierten Patienten zu verhindern. Ein Rettungssanitäter stabilisiert die Kopfregion, während zwei Kollegen den nicht kooperativen, Widerstand leistenden Verletzten an beiden Schulterpartien auf dem Boden halten.

Zur Ruhigstellung der schmerzhaften Nackenregion wird unverzüglich ein stabilisierende HWS-Orthese angelegt. Der alkoholisierte Verletzte versucht gegen die Anlage dieser Orthese Widerstand zu leisten

 

Procedere ? Gabe sedierender Medikamente ?


2. Treppensturz unter Alkohol

Alarmierungsmeldung Freitag um 21:00 Uhr :

NA-Nachforderung durch RTW-Besatzung vor Ort

Männliche Person mit Kopfplatzwunde

Informationen zur Vorgeschichte bei Eintreffen des Rettungsteams:

5 Minuten nach der Alarmierungsmeldung Eintreffen des NEF am Einsatzort :

2-geschossiges Haus in Kleinstadt

Die RTW-Besatzung wurde nach Treppensturz eines 65-jährigen Manns in alkoholisiertem Zustand alarmiert. 2 Kollegen des Notfallpatienten halten sich noch in der ersten Etage des Hauses auf und sind alkoholbedingt zu Details des Unfallhergangs nicht befragbar.

Der Patient ist eine 15-stufige, recht steile Treppe heruntergefallen und offensichtlich zuerst mit dem Kopf gegen die Kante eines dort befindlichen Eckschranks und anschließend auf den Steinboden geprallt.

Hierbei zieht sich der Patient eine langstreckige Skalpierungsverletzung in Scheitelbereich zu mit anfangs starker Blutung. Der Patient wird auf dem Boden liegend und ansprechbar vorgefunden. Die RTW-Besatzung erhalten bei der Befragung des Notfallpatienten zum Unfallhergang und zur Schmerzlokalisation alkoholbedingt keine verwertbaren Auskünfte. Sie legen sofort einen stabilisierende HWS-Schiene an und lagern den Patienten mit 3 Helfern vorsichtig auf die Schaufeltrage. Andere Transporthilfsmittel können aufgrund der engen Platzverhältnisse nicht eingesetzt werden.

Auf der Schaufeltrage kann der Patient in den RTW transferiert werden.

Die blutende Skalierungsverletzung wird mit einem Kopfverband versorgt.

Aufgrund der wechselnden Vigilanzzustände des alkoholiserten Patienten mit auch längeren reaktionslosen Phasen, erfolgt zeitnah die Nachforderung des Notarztes.

Befund :

Nach Eintreffen des Notarztes reagiert der 65-jährige Patient auf laute Ansprache mit verwaschener Sprache. Er ist zu den eigenen Stammdaten orientiert. Zum Unfallhergang fehlt ihm die Orientierung. Er fragt, was denn passiert sei ?

Der Patient zeigt Unruhezustände und möchte den RTW verlassen.

Procedere ? Gabe sedierender Medikamente ?


3. Hypertensive Entgleisung unter Alkohol

Anforderung zur Hilfeleistung im Nachbarbezirk:

weibliche Patientin mit Zustand nach Reanimation, DRK-Rettungsdienst vor Ort 

Situation am Einsatzort  / Aktuelle Anamnese:

Das NEF hat einen längeren Anreiseweg und trifft erst 11 Minuten nach Alarmierung am Einsatzort  ein (Stadthalle einer Kleinstadt mit aktuell laufenden Konzert einer bekannten Musikgruppe) ein. Die Einweisung des NEF erfolgt vorort durch einen Rettungsassistenten des DRK-Rettungsdienstes. Eine 74-jährige Frau befindet sich im RTW des konzert-betreuenden Sanitätsdienstes. Die Patientin ist ansprechbar und sitzt auf dem Klappsitz des Fahrzeugs.

Zur Vorgeschichte: 

Die anwesenden Rettungsassistenten berichten, dass die Frau im Konzertsaal kollabiert sei. Im Rahmen der sofort eingeleiteten Erstversorgung hat die Frau das Bewusstsein jedoch rasch wieder erlangt. Nachdem die orientierende Prüfung der Vitalparameter durch die Rettungsassistenten keinen pathologischen Befund ergibt, wird die wieder zunehmend mobile Patientin (beidseits von Rettungsassistenten gestützt) aus dem Saal begleitet. Auf dem Flur des Hallenausgangs kollabiert die Patientin jedoch erneut. Der sofort durchgeführte Vitalcheck ergibt bei fehlender Ansprechbarkeit auch eine Apnoe, so dass von den Rettungsassistenten mit der kardiopulmonalen Reanimation begonnen wird. Bereits 10 Sekunden nach Beginn der Thoraxkompression erlangt die Patientin das Bewusstsein wieder, reagiert gerichtet auf Ansprache und versucht aufzustehen. Beim erneuten Check der Vitalparameter ergibt eine Herzfrequenz von 60 pro Minute , Blutdruck wurde mit 210/130 mm Hg gemessen, Sauerstoffsättigung 96 %. Daraufhin Transfer in den RTW.
Die Patientin lehnt aber nun eine weitergehende Behandlung insbesondere einen Transport ins Krankenhaus ab.
 

Sie teilt mit, dass sie jetzt gerne nach Hause gehen würde. Dort könne sie sofort ihre Blutdrucktablette einnehmen. Befragt nach Alkoholgenuss gibt die Patientin an, dass sie drei oder vier Gläser Bier getrunken habe. An die abgelaufenen Surz bei Synkope kann sich die Patientin nicht mehr erinnern. Die Patientin kann vom Notarzt zunächst überzeugt werden, ein EKG ableiten zu lassen und nochmals den Blutdruck messen zu lassen. Das EKG zeigt einen Sinusrhythmus Frequenz 70 pro Minute ohne Kammerendteilveränderungen. Blutdruck 260/140 mm HG. 

Daraufhin ermahnt der Notarzt die Patientin nochmals eindringlich, dass eine weitere antihypertensive Therapie unter engmachiger Kontrolle und eine stationäre Verlaufsüberwachung unbedingt erforderlich seien. Die Patientin lehnt jegliche weitere Maßnahmen ab und will den RTW verlassen.

Weiteres Procedere ?

3 thoughts on “Fall des Monats Juli 2015

  1. Das alte Lied mit den drei Strophen vom Behandlungsvertrag, der Orientierung und der Geschäftstüchtigkeit. Es gibt viele Interpreten dieses Liedes und es geht ja doch irgendwie immer zwischen den beiden Lagern hin und her.
    Nr.1 braucht ein CCT (die Nummer mit dem alkoholisierten SHT bei dem die Vigilanzsuppression auf den Alkohol geschoben wurde und der dann mit weiter Pupille in der Ecke liegt ist einfach zu oft gespielt worden) und würde dafür sowieso eine Sedierung benötigen. Und wer schon Sedierung bei einem nicht nüchternen Patienten sagt, kann auch gleich – wenn geübt – den Tubus dazu nehmen.
    Bei Nr. 2 und Nr.3 muss man ja nicht direkt zur Narkose greifen aber auch hier stellt sich für mich nicht mehr die Frage des "ob" sondern nur die Frage "wie" es in die Klinik geht. Mit Handschelle oder ohne.
    Ich habe erst vor drei Wochen mich wieder mal (nach Synkope im Flugzeug und dringlicher Weiterreise) darauf eingelassen, eine Patientin vor Ort zu lassen. Sie hatte einen Krampfanfall, war aber bekannte Epileptikerin und führte den Anfall auf den Schlafmangel und den Stress zurück. Bei Ankunft war die Pat. bereits vollkommen bewusstseinsklar, ein Internist vor Ort bestätigte glaubhaft einen Grand-Mal. Die Pat. wehrte sich mit Händen und Füßen gegen eine Einweisung, die Anlage eines Venenzugangs lehnte sie ab.
    Bei drei Stunden Zeitfenster im Transitbereich einigten wir uns nach vollständiger Re-Orientierung zu Person/Ort/Zeit und ausführlicher Aufklärung (Hypoxie, Hirnschaden, Tod…) auf einen Verbleib der Patientin am Terminal gegen ärztlichen Rat. Ich riet ihr etwas zu Essen, zu trinken (die Fluggesellschaft stellte alles gratis zur Verfügung) und vor allem bei offensichtlicher Übermüdung etwas zu schlafen. Nach einem Einsatz von insgesamt 70 Minuten ab Ankunft (körperliche Untersuchung mit folgender Diskussion…) fuhren wir zurück zur Wache.
    Was soll ich sagen – 50 Minuten später zweiter Einsatz, gleiche Kundin. Diesmal war die Pat. noch eher postiktal. Der Anschlussflug war zu diesem Zeitpunkt keine Option mehr. Die Pat. hatte weder etwas gegessen (BZ vorher bei 128 jetzt 95…) noch getrunken und geschlafen hatte sie auch nicht. Die Pat. erhielt eine Anfallsprophylaxe und wurde nun mitgenommen.
    Und was habe ich daraus gelernt?
    Eine Transportverweigerung und ambulante Behandlung ist im Rettungsdienst mit Notarztindikation bis auf ganz wenige, sehr seltene Konstellationen (z.B. Unterzuckerung bei Nüchternheit und beobachteter Nahrungsaufnahme) eigentlich immer eine schlechte Wahl. Meine Meinung. 
    Der Versuch dem Patienten entgegen zu kommen und den eigenen medizinischen Sachverstand abzukoppeln (oft auch nur um das beteiligte Rettungsdienstpersonal/Polizei/Ordnungsamt zu schonen) wird nicht selten bestraft.
    Ich für meinen Teil habe dazu gelernt und werde zukünftig noch deutlich großzügiger sedieren, mitnehmen und einweisen.
    Sind wir doch mal ehrlich – wenn man wirklich nichts hat, ist man innerhalb kürzester Zeit wieder aus dem Krankenhaus raus. Aber wehe wenn doch…
    Bin gespannt auf weitere Diskussionsbeiträge!
    Beste Grüße,

    Karsten

  2. Solche und ähnliche Situationen hat wahrscheinlich jeder von uns erlebt und sie sind jedesmal eine Herausforderung. Ich versuche immer, das Umfeld des Patienten einzubeziehen, das i.d.R. im Sinne des RD auf den Patienten einwirkt. Das mündet dann oft in einen freiwilligen Transport. In jedem Fall ist es gut, Angehörige einzubinden, damit diese dann auch im Nachgang gegenüber dem Patienten die Notwendigkeit der Maßnahme und die Nicht-Einsichtsfähigkeit bezeugen können, um den Patienten zu informieren und ggf. zu beruhigen.

    Die Patienten bei Mißerfolg der Überzeugungsversuche einen Behandlungsverzicht unterschreiben zu lassen, bietet womöglich soagr bei nüchternen Patienten keine ausreichende Rückversicherung des Notarztes gegen evt. spätere Schadensersatzansprüche. Bei alkoholisierten Patienten scheidet diese Möglichkeit meiner Meinung nach aus, da der Patient als (mindestens) nicht sicher einsichtsfähig eingestuft werden muss.

    In diesen Fällen liegt oft Aggression in der Luft und es bestehen Fluchttendenzen. Wenn das Eintreffen von Polizei/Ordnungsamt nicht abgewartet werden kann, würde ich im Sinne des Patienten versuchen, ihn zu sedieren, soweit dies ohne größere Gewaltanwendung und Eigengefährdung möglich ist.

    Im Fall 1 könnte man dem Patienten ein Schmerzmittel gegen seine Nackenschmerzen anbieten und ihn mit Opiaten analgesieren, die dann nebenher praktischwerweise auch noch sedieren. Ggf. nasale Applikation über MAD. So wäre zu hoffen, dass der Patient sich ohne Gegenwehr behandeln ließe und sich nicht dadurch noch weiter gefährdet. Bis dahin nur mäßige Fixierungsversuche durch den RD, um die Gegenwehr nicht zu provozieren.

    Im Fall 2 würde ich zu einer Midazolamgabe neigen, der Patient driftet ja immer wieder ab, sodass die iv-Gabe wahrscheinlich möglich ist. Natürlich kauft man sich dadurch andere Risiken ein, der Pat. wird u.U. intubationspflichtig und sicher neurologisch schwerer zu beurteilen sein.

    Fall 3 finde ich noch am schwierigsten, da die Patientin nur wenig alkoholisiert erscheint. Man sollte sie auf die Risiken ihrer hypertensiven Entgleisung aufmerksam machen. Wenn sie die Risiken bewusst in Kauf nimmt, wird es schwierig, wenn sie die Risiken "abstreitet", würde ich das (vor dem RA als Zeugen) als klaren Hinweis auf "nicht einsichtsfähig" bewerten. Wahrscheinlich wird es möglich sein, die Dame ohne größere Randale so lange im RTW zu beschäftigen, bis die Polizei eingetroffen ist. Als am wenigsten invasive Akutmaßnahme würde ich zwei Hub Nitro s.l. anbieten. Es bleibt zu hoffen, dass sie im KH vernünftiger wird, da sonst die Behandlung gegen ihren Willen auf Dauer (über Nacht) praktisch kaum durchführbar sit.

    In allen drei Fällen sehe ich die Gefährdung der alkoholisierten Patienten so eindeutig, dass ich mich über den Wunsch der Patienten hinwegsetzen würde.

    Wichtig finde ich, dass die Entscheidungen vom ganzen Team getragen werden und der Prozess gut dokumentiert wird.

  3. Auflösung zum Fall des Monats Juli 2015

    Im Rahmen der aktuellen Diskussionsrunde des Falls kommen beide Teilnehmer zur gleichen Entscheidung hinsichtlich des weiteren notärztlichen Vorgehens in allen 3 Fällen. Darüber hinaus wird von Karsten ein bemerkenswerter eigener Fall geschildert, der die Problematik der Transportverweigerung durch Patienten mit zumindest partiell eingeschränkter Urteilsfähigkeit verdeutlicht.

     

    Die entscheidenden Passagen beider Diskussionsbeiträge seien hier nochmals zitiert:

     

    Palmchord

    In allen drei Fällen sehe ich die Gefährdung der alkoholisierten Patienten so eindeutig, dass ich mich über den Wunsch der Patienten hinwegsetzen würde.

    Wichtig finde ich, dass die Entscheidungen vom ganzen Team getragen werden und der Prozess gut dokumentiert wird.

     

    Karsten

    Nr.1 braucht ein CCT
    Bei Nr. 2 und Nr.3 stellt sich für mich nicht mehr die Frage des "ob" sondern nur die Frage "wie" es in die Klinik geht.

    Und als Resümee seines eigenen Falls:

    Ich für meinen Teil habe dazu gelernt und werde zukünftig noch deutlich großzügiger sedieren, mitnehmen und einweisen.

     

    Weiterer Verlauf der 3 beschriebenen Fälle:

     

    In Fall 1 und Fall 2 erwies sich eine moderate Gabe von Midazolam intranasal über MAD, die von beiden alkoholisierten Patienten ohne Verstärkung von Unruhe oder Widerstand toleriert wurde, als effiziente Maßnahme zur Herstellung einer Transportfähigkeit für die dringlich erforderliche weitere klinische Diagnostik und Überwachung.

    Im ersten Fall ergab die apparative Diagnostik eine Atlasbogenfraktur sowie eine Frakturlinie im Bereich des 2. Halswirbels in Höhe der Densbasis.

    Eine vom Traumatologen empfohlene Operation wurde allerdings vom Patienten am Folgetag bei eingetretener Nüchternheit abgelehnt.

     

    Im zweiten Fall ergab die apparative Diagnostik eine instabile HWK- 6 Fraktur sowie eine instabile LWK-4 Fraktur mit nachfolgendem operativen Behandlungsbedarf und länger dauernder Remobilisierungsphase des Patienten.

     

    Im 3. Fall wurde vom Notarzt aufgrund der anhaltend deutlich erhöhten Blutdruckwerte eine weitere engmaschige Überwachung der 74-jährigen Patientin für notwendig gehalten. Durch Bekannte der Patientin, die sich am Einsatzort befanden, konnte die Tochter der Patientin, die Arzthelferin war, telefonisch von der aktuellen Lage informiert werden. Zeitgleich erfolgte die Alarmierung der Polizei.

    Die nicht kooperative Patientin ließ sich von der Anwesenheit der Ordnungshüter jedoch nicht beeindrucken und konnte von den Polizeibeamten nur mit moderater Handanlage vom Verlassen des Einsatzortes zurückgehalten werden. Erfreulicherweise traf die telefonisch kontaktierte Tochter der Patientin rasch ein. Diese konnte ihre Mutter schließlich überreden, die Nacht zur Überwachung im nahe gelegenen Krankenhaus zu verbringen.

    Weiter Verlauf: Die Patientin lehnte die Anlage eines intravenösen Zugangs ( zur antihypertensiven Medikation mit Ebrantil ) ab. Nach der Gabe von einer Phiole Bayotensin, von dessen Notwendigkeit die Patientin unter Zureden ihrer Tochter letztendlich doch noch überzeugt werden konnte, reguliert sich der Blutdruck während des Transportes (vom Ausgangswert von 260/140 mm HG ) auf einen Wert von 160 /110 mmHg.

    Anschließend komplikationsloser Verlauf des Transportes und der Nacht auf der internistischen Überwachungsstation ohne i.v. Zugang.

    Die 74 -jährige Frau wird im Verlauf des Folgetages „auf eigenen Wunsch“ aus der stationären Behandlung entlassen.

     

    Derartige Fälle, die nicht selten auftreten, erweisen sich immer als schwierig, wobei eine niedrig dosierte fraktionierte intranasale Applikation von Midazolam den Widerstand der alkoholisierten Patienten gegen den Transport zur klinischen Diagnostik in 2 der 3 Fällen zufriedenstellend brechen konnte. In beiden Fällen hätte das Unterlassen des Transports mit hoher Wahrscheinlichkeit zu gravierenden Komplikationen geführt.

    Im 3. Fall konnte die Intervention der Tochter glücklicherweise ein härteres Eingreifen der Polizeibeamten verhindern.

     

    Dr. Gerrit Müntefering
    Arzt für Chirurgie / Unfallchirugie / Notfallmedizin
    Lessingstr. 26
    47445 Moers

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